Hühner-Drama im Stall: Wenn die Alten die Neuen picken - was nun?
Jeder Hühnerhalter kennt diesen Moment: Voller Vorfreude werden die neuen, vielleicht noch etwas schüchternen Hühner in den Stall gesetzt. Man stellt sich eine harmonische Begrüßung vor, ein fröhliches Gackern, vielleicht ein gemeinsames Staubbad. Stattdessen: Eisiges Schweigen, böse Blicke und dann geht es los. Die alteingesessene Truppe stürzt sich auf die Neulinge, es wird gepickt, gejagt und gemobbt. Herzlich willkommen in der brutalen, aber völlig natürlichen Welt der Hackordnung bei Hühnern. Bevor Sie jedoch in Panik verfallen und eine Hühner-Therapiegruppe gründen, atmen Sie tief durch. Dieses Verhalten ist normal, aber es gibt elegante Wege, das Drama zu minimieren.
Die Hackordnung: Mehr als nur ein Pick-Contest
Das Phänomen, dass alte Hühner die neuen picken, ist kein Akt purer Bösartigkeit, sondern die Grundlage des sozialen Zusammenlebens im Hühnerstall. Stellen Sie sich die Hühnerschar nicht als eine Gruppe von gleichberechtigten Freundinnen vor, sondern eher wie eine strikt geführte Firma mit einer klaren Hierarchie. Diese Hierarchie, die berühmte „Hackordnung', regelt, wer zuerst fressen darf, wer den besten Schlafplatz auf der Stange bekommt und wer sich vom Hahn hofieren lässt. Jedes Huhn kennt seinen Platz. Kommen nun neue Hühner dazu, wird dieses fein austarierte System komplett über den Haufen geworfen. Die neuen Mitglieder sind Fremde ohne Status, und die alten Hennen müssen ihre Position verteidigen und klarstellen, wer hier das Sagen hat.
Dieses Festlegen der Rangordnung geschieht durch Drohgebärden, Jagen und eben auch durch Picken. Es ist eine Kommunikation, die für uns brutal aussieht, aber für die Tiere überlebenswichtig ist, um ständige Kämpfe um Ressourcen zu vermeiden. Sobald die Hackordnung wiederhergestellt ist und jedes Huhn - auch das neue - seinen Platz kennt, kehrt in der Regel wieder Ruhe ein. Die Intensität dieser Auseinandersetzungen hängt stark von den Charakteren der Tiere, der Rasse und vor allem von den Haltungsbedingungen ab. Ein Huhn ist nicht einfach nur ein Huhn; es gibt Zicken, sanftmütige Seelen und geborene Anführerinnen.
Die Herausforderung für uns als Halter besteht darin, diesen natürlichen Prozess zu begleiten, ohne dass es zu ernsthaften Verletzungen kommt. Ein paar gezielte Picken sind normal, aber wenn ein Huhn systematisch gemobbt, von Futter und Wasser ferngehalten oder gar blutig gepickt wird, ist die Grenze überschritten. Dann ist nicht mehr die Natur am Werk, sondern Stress und schlechtes Management. An dieser Stelle müssen wir eingreifen und die Bedingungen optimieren, damit die Integration der neuen Hühner in die bestehende Gruppe erfolgreich verläuft.
Die Kunst der Vergesellschaftung: So stiften Sie Frieden im Hühnerstall
Die goldene Regel lautet: Niemals neue Hühner einfach in den Stall werfen und auf das Beste hoffen. Das ist das Hühner-Äquivalent dazu, einen Fremden unangekündigt in Ihr Wohnzimmer zu setzen und zu erwarten, dass alle sofort Freunde werden. Eine erfolgreiche Hühner-Vergesellschaftung braucht Zeit, Geduld und eine gute Strategie. Der beste Weg ist die langsame Zusammenführung. Richten Sie für die Neulinge zunächst ein separates, aber angrenzendes Gehege ein, idealerweise nur durch einen Zaun von der alten Gruppe getrennt. So können sich die Tiere sehen, hören und aneinander gewöhnen, ohne sich direkt an die Gurgel gehen zu können. Diese Phase sollte mindestens eine Woche dauern.
Nach dieser Kennenlernphase hinter Gittern können Sie den nächsten Schritt wagen. Ein bewährter Trick ist die Zusammenführung bei Nacht. Wenn die alten Hühner bereits schläfrig auf ihren Stangen sitzen, setzen Sie die neuen einfach leise dazu. Im Halbschlaf sind die Aggressionen deutlich geringer, und am nächsten Morgen wachen sie auf und die "Neuen" sind irgendwie schon da. Das Gefühl der plötzlichen Invasion ist gemildert. Sorgen Sie am nächsten Tag unbedingt für Ablenkung und reduzieren Sie Stressfaktoren. Das bedeutet:
- Mehrere Futter- und Wasserstellen: So kann kein ranghohes Huhn den Zugang für alle anderen blockieren.
- Viel Platz und Beschäftigung: Hängen Sie Futterbälle, Salatkopf-Schaukeln oder Picksteine auf. Ein gelangweiltes Huhn kommt auf dumme Ideen. Ein beschäftigtes Huhn hat keine Zeit für Mobbing.
Beobachten Sie die Gruppe in den folgenden Tagen genau. Kleinere Zickereien sind normal, solange kein Blut fließt. Sollte es doch zu ernsten Kämpfen kommen, müssen Sie die Streithähne kurzzeitig trennen. Hilfreiche Tipps und einen tiefen Einblick in das Verhalten von Hühnern bietet zum Beispiel der Experte Robert Höck auf seinem Kanal "Happy Huhn". Auch in großen Online-Communitys wie dem Forum von Huehner-info.de oder in themenspezifischen Facebook-Gruppen finden Sie wertvollen Austausch mit anderen Haltern. Manchmal hilft schon ein kleiner Tipp von jemandem, der genau das gleiche Problem hatte.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
- Warum picken die alten Hühner die neuen?
- Das Picken dient der Etablierung der "Hackordnung", einer natürlichen sozialen Hierarchie in der Hühnergruppe. Die alten Hühner verteidigen ihre etablierte Position und klären den sozialen Rang der Neulinge, um zukünftige Konflikte um Futter, Wasser oder Schlafplätze zu vermeiden.
- Wie lange dauert es, bis sich Hühner aneinander gewöhnt haben?
- Die Dauer der Gewöhnung variiert stark und kann von wenigen Tagen bis zu vier Wochen dauern. Faktoren wie der Charakter der Hühner, die Rasse und die Methode der Zusammenführung spielen eine große Rolle. Geduld ist entscheidend; eine langsame Integration über eine Trennung mit Sichtkontakt ist am erfolgreichsten.
- Was kann ich sofort tun, wenn ein Huhn blutig gepickt wird?
- Trennen Sie das verletzte Huhn sofort von der Gruppe. Hühner werden von der Farbe Rot angezogen, und weitere Angriffe könnten folgen. Reinigen Sie die Wunde vorsichtig mit einem geeigneten Desinfektionsmittel und bringen Sie das Tier separat unter, bis die Wunde vollständig verheilt ist, bevor Sie eine erneute, langsame Integration versuchen.